Vergleich der Sättigungsfunktion eines PLAYdifferently Model 1 und der Metric Halo MIO 3D SoftSat
Achtung! Apfel gegen Birne
Eigentlich wollte ich nur schnell eine Bandmaschine kaufen…doch dummerweise ist die Tür zu schmal. Mein lieber Freund Johannes sagte dann “probier doch mal die Sättigung vom Model 1”. Also vergleiche ich aus purer Langeweile einen PLAYdifferently Model 1 DJ Mixer mit Sättigungsfunktion im Kanalzug mit der Metric Halo ULN8 MIO 3D SoftSat Funktion. Letztere verwende ich gerne zum Mastering in Ermangelung der Eingangs erwähnten Bandmaschine. Das “Bändigen” von Transienten Peaks ohne Zerstörung der gesamten Dynamik ist eine Kernaufgabe im letzten Schliff der Musikproduktion. Ein halbwegs gültiger Vergleich, so musste ich feststellen ist gar nicht so einfach. Das hier vorgestellte Arbeitsergebnis taugt aber zur Veröffentlichung und ich möchte es Dir nicht vorenthalten. Viel Spaß beim lesen und hören.
Randnotiz
Eigentlich wollte ich noch einen dritten Kandidaten mit ins Rennen schmeißen, ein Pärchen Telefunken W695 EQs die selbst im Bypass eine Gewisse Magie ins Spiel bringen. Leider habe ich mich in Ermangelung einer gültigen Pegelstruktur dagegen entschieden. Das Model 1 war wieder erwarten nicht spontan in der Lage den spezifizierten Ausgangspegel zur Verfügung zu stellen ohne selber zu viel THD in Reihe zu schalten. Eine andere Quelle mit dem benötigten “Dampf” war grade nicht “mehr” verfügbar.
Vorweg sein genommen, dass es hier nicht um ein “Shoot Out” geht bei dem ein Gewinner gesucht wird. Das wäre in der verkürzten Darstellung gar nicht möglich. Aufgrund der Funktionsunterschiede der zugrundeliegenden Varianten vergleiche ich im Grunde Äpfel mit Birnen. Bitte habe das beim Lesen im Hinterkopf. Ich schreibe diesen Beitrag zu Belustigung des Volkes, nicht um esoterische Grundsatzdebatten zu führen.
Maximale Ein/Ausgangspegel
Vorgehensweise
- Herstellung einer gültigen Pegel Struktur die zum Vergleich tauglich ist.
- Messtechnische Überprüfung und Feinjustage
- Processing eines ungemasterten Rough Mixes
- Timeallignemt der Vergleichsdateien
- RMS Normalisierung der Vergleichsdateien via Handarbeit
- Nulltest der bearbeiteten Dateien mit der Referenz
- Export der Vergleichsdateien
- ABX Blindtest der Vergleichsdateien (RMS Normalisierte Version)
- ABX Blindtest der Vergleichsdateien (Peak Normalisierte Version)
- ABX Blindtest der Vergleichsdateien (Peak Normalisierte Version manuelle gehörrichtige Pegelanpassung)
Messtechnische Überprüfung und Feinjustage
Nach einigen hin- und her Versuchen habe ich mich zunächst für eine grobe Marschrichtung ob der Menge Verzerrung entschieden. Hierzu habe ich abwechselnd Musik über beide Ketten zugespielt und nach Gehör die Portion THD gewählt die einerseits deutlich zeigt was passiert, andererseits nicht wirklich etwas zerstört. Ginge es um ein echtes Mastering wäre die gewählte Ansteuerung jedoch deutlich drüber! …aber hey wir wollen ja auch grob was hören via Internet.
Anschließend habe ich die Transferfunktion des PLAYdifferently Model 1 DJ Mixers als Referenz genommen und die Wiedergabestrecke der MIO SoftSat Funktion darauf angeglichen.
Die Pegelanpassung alleine ist natürlich nicht ausreichend. Am Amplitudenfrequenzgang ist bereits zu erkennen, dass sich das meiste auf der Zeitachse abspielt. Eine sinnvolle Darstellung ist mit Smaart nicht möglich. Außerdem ist Rosa Rauschen gänzlich ungeeignet da es keine Transientenpeaks enthält. Im nächsten Schritt schalte ich den Generator auf 100Hz Sinus um und nehme das Model 1 im Spektrogramm als Referenz. Die Mio SoftSat gleiche ich mittels Drive Regler darauf ab. Anschließend geht es zurück in die Transferfunktion mit Rosa Rauschen und mittels Gain Regler des SoftSat PlugIns zurück abgleichen. Dann nochmal im Spektroramm mit 100Hz gegenprüfen und dann mit Musik gehörmäßig gegenprüfen. Das Ganze erfolgt ca. 10x nacheinander bis ich halbwegs zufrieden bin.
Processing eines ungemasterten Rough Mixes
Als nächstes brauche ich einen ungemasterten Roughmix an dem ich auch die Rechte besitze damit ich Euch die Klangbeispiele zur Verfügung stellen darf. Wer die Musik nicht mag hat jetzt kurz Pech gehabt :-). Wer für eigene Beispiele was ähnliches braucht darf den Titel gerne verwenden.
Der Track wird jetzt parallel durch beide abgeglichenen Ketten geroutet und in Logic aufgenommen. Anschließend müssen die unterschiedlichen Latenzzeiten ausgeglichen werden und die Pegel auf die RMS Werte eingestellt werden um anschließen klanglich Beurteilt zu werden. Ziel ist es, dass sie möglichst gleich laut erscheinen.
Nach dem Abgleich klingen alle 3 Dateien halbwegs schlüssig zueinander und sollten vergleichbar sein. Im Hinterkopf habe ich das beide Versionen wie in der Einleitung erwähnt eben nicht vergleichbar und eher zwei unabhängige Versionen nach persönlichen Geschmack mit einer in der Realität zu großen Schippe Drive darstellen. Dennoch hatte ich vor den Vergleich so zu gestallten, dass er halbwegs vergleichbare Ergebnisse liefert. Spontan denke ich die MIO Variante müsste nochmal feingetuned werden. Da dieser Vorgang aber mehrere Stunden gedauert hat entschließe ich mich es dabei zu belassen da ich voraussehe das es ansonsten noch 5x hin und her geht und nicht zwingend besser wird …Äpfel und Birnen schmecken halt unterschiedlich. Es folgt also der Export. Dazu sehe ich 3 Pakete vor.
- 1:1, d.h. RMS normalisiert in Logic
- Peak normaliziert
- Nulltest Varianten
Die fertigen Dateien können nun verblindet verkostet werden.
ABX Blindest der Ergebnisse
Als erstes die in Logic RMS normalisierten Varianten gegen das Original. Ich mache zehn Durchgänge und entscheide mich an verschiedenen Positionen im Track für den mir grade am besten gefälligen. Die subjektive Lautstärke beurteile ich als gleich und habe nicht das Bedürfnis die Gains anzupacken.
6x Original
3x MIO
1x Model 1
Anm: Dieser Vorgang ist nicht repräsentativ da ich 10 Versuche an zufällig gewählten Zeitpunkten im Track durchführe. Da die Alternative, ein kurzer Loop, jedoch nur für diesen Teil gelten würde entscheide ich mich für das Vorgehen 10 Versuche statistisch zu verteilen.
Als nächstes die Peak normalisierten Varianten gegen das Original. Ich mache zehn Durchgänge und entscheide mich an verschiedenen Positionen im Track für den mir grade am besten gefälligen. Was natürlich wie erwartet Quatsch ist, da der lauteste gewinnt
10x MIO
0x Original
0x Model 1
Anm: Dieser Vorgang wird nur der Vollständigkeit halber dokumentiert, da ich gleich darauf hinaus will wieviel Lautheit gewonnen werden kann bzw. wieviele Transienten Peaks weggeschnibbelt wurden.
Als nächstes wie zuvor die Peak normalisierten Varianten gegen das Original. Diesmal jedoch mit gehörmäßiger Anpassung der Gains. Ich mache zehn Durchgänge und entscheide mich an verschiedenen Positionen im Track für den mir grade am besten gefälligen.
6xOriginal
2x MIO
2x Model 1
Anm: Bitte bedenke, dass die 10 gewählten Vergleichszeitpunkte andere waren wie die in Hörversuch 1. Die Tendenz bezeugt aber das der Versuch gültig ist. Außerdem wird mein Bauchgefühl bestätigt was mich in den letzten 20 Jahren ab und zu verleitet hat mehrere Versionen unterschiedlich hart angefahren zu mastern und Intro/Outro sowie Mittelteil rauszuschneiden und neu zusammenzusetzen. Wenn ich mir großartige Produktionen anhöre denke ich es gibt Kollegen die das auch so machen. Wenn ich mir hingegen plattgebügelten Lautheitsschrott anhöre schaffe ich es i.d.R. nicht über das Intro 🙂
Und zum Schluss was auf die Ohren!
Hier das 3er Paket aus Original und manuell in Logic RMS normalisierter Version.
Hier das 3er Paket aus Original und Peak normalisierter Version.
Hier die beiden Nulltest Ergebnisse RMS normalisiert gegen das Original.
Fazit
Tja das passiert wenn man den Artikel nur überfliegt. Es gibt kein Fazit!
Ich kann doch nicht einfach Äpfel mit Birnen vergleichen und dann sagen “Die Birne schmeckt besser” am Ende hängt es doch davon ab wie reif die Birne ist und ob der Apfel ein Elstar ist. Da Du den Artikel nicht gelesen hast und wahrscheinlich direkt auf Play gedrückt hast …jaja, stimmt …ist was heiß angefahren …das war beabsichtigt 🙂
Ich kann aber ein generelles Fazit in Form einer persönlichen Meinung loswerden! Erstens, die Metric Halo Character Simulation ist einfach geil! Zweitens die Sättigungsfunktion im Model 1 ist auch geil in einem DJ Pult für Live Acts oder hybride Setups! Sie ist so kalibriert, dass sie bei intuitiver Gain Einstellung bis ca. 15 Uhr sauber zunehmend in die Sättigung fährt und ist bis dahin bestens geeignet Live Drums fett zu bekommen ohne den Live Charakter zu verlieren, jeder Software Compressor muss dagegen versagen! Ab 15 Uhr verhält es sich so, wie ein zusätzlicher Overdrive Schalter und die 303 wartet quasi nur darauf zu screamen. Apropros warten …wo ist meine Bandmaschine?
FREE DOWNLOAD
Wenn Du den ungemasterten Rough Mix haben möchtest, kannst Du ihn kostenlos bei Bandcamp runterladen:
https://bodofelusch.bandcamp.com/track/bodo-felusch-free-roger-kikumoto